♥Texte♥Meerfang♥

20:47

Mit vorsichtigen Schritten wage ich mich zum Ufer vor. Der trockene Wind bläst mir die Haare aus dem Gesicht. So sehr ich auch Respekt vor dem Meer vor mir habe, ich schrecke nicht durch die schäumende Gischt zurück. Das Dröhnen des Wassers das sich an den Klippen bricht umhüllt mich wie Watte. Eigentlich sollte ich jetzt, hier glücklich sein, schießt es mir durch den Kopf. Doch glücklich war ich schon lange nicht mehr. Und erst recht nicht hier. Meine Lunge füllt sich mit schwerer, salziger Luft. Es fühlt sich so an als würde sie bis zu meinem Herz durchsickern und es erstarren lassen. Ich gehe weiter Richtung Meer und setzte mich dann auf einen der großen flachgeschliffenen Steine. Sie war wie der Ozean. Aufbrausend, kühl, dunkel. Anders als ich. Anders als alles andere. Ich schlinge die Arme um meine Beine. Meine Augen schließen sich fast wie von allein. Das gleichmäßige Rauschen beruhigt mich. Doch vom einen in den anderen Moment sind sie wieder da. Alles ist wieder da. Alles außer sie. Die Bilder schießen mir wie glühende Pfeile durch den Kopf. Alles in mir zieht sich schmerzhaft zusammen. Der Schmerz war nie weg. Er war nur tief in mir versteckt. Und immer wenn ich hier bin kommt er wieder. Ich weiß nicht warum ich überhaupt noch an diese Stelle komme. Vielleicht weil ich mich schuldig fühle. Schuldig dass ich sie vergessen hatte. Dann wäre dass alles nicht passiert. Der Schmerz tut so weh. Wütend und traurig zugleich werfe ich einen flachen Kieselstein in das blaue Nass direkt vor meinen Füßen. Schon versinkt er bis ich ihn durch die dunkelgrünen Algen verliere. Obwohl ich ihn nicht mehr sehe hinterlässt er gleichmäßige Kreise an der Wasseroberfläche die sich nach und nach ausbreiten. So wollte sie sein. Nicht sichtbar aber spürbar. Ich habe das Gefühl dass ich jedes Mal wenn ich hier bin, ein bisschen mehr über sie herausfinde. Das was mir verborgen geblieben ist. Plötzlich verspüre ich den Drang danach und lasse meine Füße langsam ins kühle Wasser gleiten. Es ist klar und ich sehe mein Spiegelbild darin. Nein, es ist als würde sie mich anschauen. Aus haselnussbrauen, leeren Augen blickt sie mich an. Und dann verstehe ich. Wenn ich will dass sie glücklich wird da wo sie jetzt ist, muss ich glücklich sein. Es versuchen es zu sein. Niemand leidet so sehr wie ich. Niemand versteht mich. Wie auch. Meine Hand gleitet durch das Wasser. Nie war ich so sehr verbunden mit dem Meer wie jetzt. Es ist für mich wie als wäre sie es die durch die Wellen mit mir spricht. Das Plätschern, das Rauschen. Und dass obwohl das Meer es war dass sie mir weggenommen hat. Einfach so. Ohne mich. Wir waren immer zusammen. Wie Pech und Schwefel. Wie Sommer und Winter. Und jetzt bin ich alleine. Ohne sie. Ohne meine Zwillingsschwester. Ich stehe auf und blicke aufs Meer hinaus. Und dann, dann mache ich etwas was ich schon längst hätte tun sollen. „Ich hab dich lieb, Kessy.“ Flüstere ich leise und meine salzigen Tränen vermischen sich mit den Gischtspritzern auf meinem Gesicht.
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